Skip to main content

#7 – Unsere Knochen: Tragende Statik oder nur Abstandshalter im System?

Unsere Knochen haben viele Funktionen. Sie leben, bauen sich ständig auf und wieder ab, erledigen dabei ihre vielfältigen Jobs. Normalerweise haben wir 206 Knochen, die dem passiven Bewegungsapparat zugeordnet werden. Die Gelenke zwischen den einzelnen Knochen ermöglichen zusammen mit der Skelettmuskulatur unsere Bewegungen. In der klassischen Bewegungslehre werden Muskelfunktionen und -bewegungen in Beziehung zu den Gelenken gedacht und beschrieben. Ein System sowohl zum Verständnis der möglichen Bewegungen als auch zum Suchen der Fehler, wenn das System nicht rund läuft. So weit zur etablierten, gängigen Betrachtungsweise.

Ich möchte deine Aufmerksamkeit auf eine weitere Möglichkeit lenken: Stell dir vor, du machst einen Ausflug. Hast ein Zelt dabei und beginnst, es aufzubauen. Oder eine Strandmuschel, wenn dir der Gedanke mehr gefällt. Du hast ein faltbares Material und ein Gestänge. Bei Zelten sind noch Abspannseile dabei. Mit dem Gestänge stellst du das faltbare Material dreidimensional auf. Mit den Abspannseilen kannst du dafür sorgen, dass es nicht schief steht oder teilweise in sich einsinkt. Recht simpel, oder? Das Material braucht aber deine Aktivität, um zu einem Zelt oder einer Strandmuschel zu werden. Einfach von selbst passiert das nicht.

Wie wäre es, wenn dies auch in unserem Körper so funktioniert? Warum sollte es nicht? Okay, in deinem Körper wäre es ein in Wasser aufgebautes Zelt. Zumindest im Zelt wäre Wasser, außen die Luft ist zum Glück nicht immer Regen. Wenn wir DIE Faszie, wie letzte Woche im No_Blog Artikel #6 beschrieben, als den gefalteten Stoff und die Knochen in dir als Gestänge ansähen – stellt dir das mal im Kopf vor! Und dann spüre dieser Vorstellung einmal tief in dir nach. Was ist passiert? Wie fühlt es sich an, wenn du gut auf deinen Füßen stehend „dein Zelt“ in dir aufbaust?
Dann gehe in deinen Normal-Modus zurück. Wie fühlt es sich jetzt an? Ist das nicht spannend? Hat sich etwas in dir verändert? Was hat sich verändert? Kannst du es in Worte fassen?

Lass uns noch ein Stück weiter gehen. Ich frage dich: „Was braucht ein klassisches Haus?“
Eine tragende Struktur. Architekt und Statiker sorgen dafür. Gerüst und dann das Füllmaterial – so war es früher beim Fachwerkhaus. Bei moderneren Häusern ist Gerüst und Füllmaterial durch z.B. Stahlbeton in einer Struktur zusammengefasst und man braucht mehr Wissen, um diese komplexere Bauweise zu durchschauen. Lasst uns zu den Wolkenkratzern schauen – zu den richtig, richtig hohen. Die haben die Fähigkeit, in sich zu schwingen bereits eingebaut. Nur so können sie den Winden in der Höhe standhalten. Mit innerer Beweglichkeit. Mit beweglich gelagerten Gegengewichten in sich – die mit der komplexen Struktur des Hauses und der Umgebung des Hauses interagieren.
Ihr merkt schon, wo die Reise hingeht? Nächste Woche geht es weiter.

→ Knochen als tragende Statik ist eine Option. Um Knochen als Abstandshalter im System zu sehen, braucht es einen anderen Blickwinkel. Um seine eigenen Knochen als Abstandshalter zu nutzen, braucht es innere Aktivität.

(C) Grit Silke Thieme