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#11 – Sitzt nicht in euren Gelenken! Ein praktisches Experiment

„Sitzt nicht in euren Gelenken!“ – Ich gebe diese vor Jahren im Tanztraining zum ersten Mal gehörte Aufforderung an euch weiter. Ich stand damals da und dachte: „Wie bitte? Was soll ich tun?“ Und beobachtete die Umgebung. Scannte, was die Anderen taten. Meine fein geschulten Sinne konnten erspüren und dann sehen, was gemeint war. Meine Kursteilnehmer, die diese Zeilen lesen, wissen sicher schon, was gemeint ist.

Für alle Neulinge: Heute wird es praktisch. Es wird Experiment, welches manchen gelingen wird, anderen ein wenig oder gar nicht. Da hilft nur, sich immer wieder neu darauf einlassen und versuchen! Oder in einen meiner Kurse zu kommen. Vor Ort sehe ich genau, was passiert und kann unterstützend korrigieren. Auf das es gelingt, das nicht mehr in den Gelenken sitzen.

Jeder von euch erfährt dieses Experiment in seinem Körper, der durch die eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungsmöglichkeiten geprägt ist. So kann es sein, dass jemand z.B. schon vom Feuer gelesen hat. Ein anderer hat bereits Feuer gesehen, der Nächste hat selbst Feuer entzündet und wieder ein anderer hat Feuer gemacht und darauf gekocht. Entsprechend dieser Feuer-Erfahrungen, werden die Reaktionen auf das Wort Feuer sehr unterschiedlich sein. Genauso ist es beim folgenden „Sitzt nicht in euren Gelenken-Experiment“.

Nimm dir bitte ungefähr 15 Minuten Zeit für die Praxis. Beim ersten Mal bist du wahrscheinlich viel schneller. Wenn du Wiederholungstäter bist und schon etliche Male solche Experimente gemacht hast, wirst du dich Fragen: „Warum so schnell?“

Jetzt geht es los! Stell dich locker hin. Wie fühlt sich dein Stehen an? Nicht bewerten. Nicht gut oder schlecht. Wie sind deine Füße auf dem Boden? Wie hat der rechte Fuß Kontakt zum Fußboden? Alle Zehen unten? Stehst du mehr auf der Außenseite des Fußes? Mehr vorn? Oder eher hinten? Sind die Zehen lang und entspannt? Ist der Fuß eher fest oder weich? Gib es eine Stelle, die du besonders merkst?
ACHTUNG: Nicht korrigieren oder verändern, nur wahrnehmen, registrieren, wie er steht, der eine Fuß. Gehe dann mit deiner Wahrnehmung zum anderen Fuß. Wie ist es dort? Beginne wieder mit den Fragen von vorn, vergleiche nicht mit dem anderen Fuß. Was machen hier die Zehen? Kannst du alle fünf auf dem Boden spüren? Wo lastet da Gewicht? Mehr vorn? Innen? In der Mitte? Wie ist das Fußgewölbe hier? Nimm dir Zeit und erforsche es in Ruhe. Ziele nicht auf ein Ergebnis, nimm nur deinen Fuß wahr.

Und nun: Du hast zwei Füße, die sich worin unterscheiden? Worin sind sie gleich? Finde es heraus und traue deiner Wahrnehmung! Sie ist immer richtig. Es ist deine Wahrnehmung für deine Füße. Natürlich können deine Augen etwas anderes Sehen und deine Gedanken sich so ihre Erwartungen vorstellen. Das wäre dann aber nicht deine Wahrnehmung, doch genau die brauchen wir hier!

Wenn du jetzt weiter nach oben gehst: Wie fühlen sich deine Waden an? Erforsche sie einzeln, genau wie die Füße. Nimm dazu die Fragen von oben – oder erfinde deine eigenen! Nimm dir Zeit. Für jede Wade.

Frage dich, wie sich der Übergang vom Fuß in die Wade anfühlt. In beiden Beinen. Nimm dir wieder Zeit dafür.

Gehe anschließend zu den Hüften und erforsche diese. Sind sie gestreckt? Beide? Oder ist eine leicht gebeugt? Wie steht jede Seite über dem Fuß? Über der Wade? Was macht dein Popo? Ist er angespannt? Oder eine Seite locker und die andere hält? Finde es heraus. Nimm dir wieder Zeit dafür.
Wenn du das alles in dir wahrgenommen hast – laufe ein paar Schritte. Wie fühlt sich das jetzt an? Wie immer?

Bleibe dann wieder stehen und stell dir vor, zwischen deinen Zehen wären Froschhäute. Diese spannst du gedanklich auf. Es braucht keine Bewegung. Wirklich nicht.
Kannst du wahrnehmen, was da in dir passierte? Wahrscheinlich noch immer passiert? Du sitzt nicht mehr in den Gelenken. Ein Gefühl von Veränderung zu mehr Leichtigkeit in den Beinen und Hüftgelenken kann eingetreten sein. Nimm es genau wahr. Wie fühlt es sich jetzt an? Genieße es.

Wiederhole die Übung gern immer mal wieder. So oft du magst. Es ist ein innerer Prozess, der sich lebenslang weiter entwickelt. Zunehmend inneren Schwung und Elan bringt.
Wenn du keine innere Veränderung gespürt hast, jedoch neugierig geworden bist: Bleib dran, es wird kommen.

Allein durch die aktive Wahrnehmung unseres Körpers und die Veränderung der inneren Einstellung, kommt viel Leichtigkeit und Fluss in unsere Bewegungen. Wir müssen uns ’nur‘ darauf einlassen.

(c) Grit Silke Thieme