Mein eigener Körper war nicht immer so gut in Schuss wie heute. Um zum einen besser zu verstehen, was in ihm nicht so gut funktioniert, welche Abläufe nicht rund laufen, habe ich vor etlichen Jahren einen Anatomie/Physiologie Kurs belegt. Nach einem Jahr sogar die Prüfung bestanden.
Zum Anderen fand ich es wichtig, seine Landkarte zu kennen und Orte benennen zu können, eh ich meine eigene Heilungsreise in dieses damals für mich völlig im Dunklen liegende, in meinem Fall nicht gut arbeitende, Territorium „Körper“ antrat.
Nicht zuletzt hat erst dieses Wissen mir ermöglicht, viele meiner körperbezogenen Ausbildungen auf hohem Niveau absolvieren zu können, und ist noch heute die solide Basis meines Tuns.
Ich erkläre meine heutige Arbeit gern mit allgemein bekannten technischen Vergleichen oder Bewegungsabläufen. Naturlich „hinken“ diese, lassen aber über das Motiv einen Transfer des Bildes zu. Eine der Erklärungen auf die Frage „Was machst du da eigentlich?“ beginnt mit dem Einleitungssatz: Wir Menschen bestehen zu mindestens 70 Prozent aus Flüssigkeiten – Blut, Interzellularflüssigkeit, Nervenwasser. Gefolgt von der bildhaften Beschreibung:
Wenn ich an einem Kunden arbeite, nutze ich diese Flüssigkeiten. Ich ziehe mir meinen Neoprenanzug an, greife mein Surfboard und springe rein ins Gewebe. Surfe in den Flüssigkeiten, reite das unter mir dahinschmelzende Gewebe. Egal in welcher Tiefe, egal an welcher Stelle, welchem Strudel auch immer – auf dem Weg zu und von der in Ordnung zu bringenden Stelle. Es ist wirklich eine Welle, die da zu fühlen ist, die Arbeitsstelle ist oben auf dem Wellenberg vorn kurz hinter Abbruchkante – man muss an der Stelle bleiben und mit der Welle gehen. Wenn man rausfällt, die Welle bricht, Neustart mit der nächsten Welle. Der einzige Unterschied zum Surfen, ich schaffe mir die Welle und gebe ihr die Richtung, Höhe und Geschwindigkeit.
→ Von den Zehen bis in den Kopf gibt es mehrere Milliarden mögliche Wege für die Welle in und durch unseren Körper. Da ist es gut, seine Anatomie-Hausaufgaben gemacht zu haben, genau zu wissen, wo ich in der dreidimensionalen Landkarte bin, welchen Weg ich gehe und wo ich noch hin will. Hinzu kommen noch: Das Surfen will gekonnt sein sowie das Wissen, warum will ich wohin surfen.
(c) Grit Silke Thieme
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche ist derzeit in aller Munde – kannst du nicht auch vieles online anbieten? Diese Frage höre ich in letzter Zeit gelegentlich, denke aber, Digitalisierung umfasst weit mehr als Onlinearbeit.
Meine kurze Antwort: Ja, könnte ich. Ich habe mit der Technik und den generellen Modalitäten beschäftigt, mich mit Kollegen ausgetauscht, die dies bereits anbieten und am Ende eine Entscheidung getroffen. Nein, ich tue es nicht.
Zum Einen sehe ich etliche meiner Kunden mit den Online-Dingen der Buchung wie Kursteilnahme und Zahlung überfordert und frustriert. Zum Anderen würde die eigentliche Arbeit eine völlig andere Qualität annehmen – bei meiner Arbeitsweise eine leere und enttäuschende.
Ja sicher, generell ist Körperarbeit online machbar. Sogar in Gruppen. Ich habe noch nirgends die intensive, tiefe und feine Qualität finden können; auf der wir arbeiten. Das Niveau, auf dem ich mit euch arbeite, möchte ich aber keinesfalls absenken. Eher im Lauf der Zeit die Verfeinerung weiter steigern.
Auch in nächster Zukunft kann ich mir, mit neuen hilfreichen Algorithmen und komplexer KI (künstlicher Intelligenz) dieses anspruchsvolle Arbeitsniveau nicht online vorstellen. Es geht einfach um zu indivudell-komplexe Sachverhalte, die nicht gemessen und ausgewertet werden müssen, sondern ‚einfach‘ nur verändert.
Vor der Entscheidung „Klasse oder Masse“ stehend, habe ich mich für die Klasse entschieden. Es ist der gleichzeitige Austausch aller Kursteilnehmer im Raum, der euch weiterbringt. Meine Fragen an einen Einzelnen, die alle andern plötzlich auch ihre lösende Antwort auf das eigene Muster in einem Ahaerlebnis finden lässt. Und nicht zu vergessen, die Pausen miteinander, die Verständnis füreinander, mehr Klarheit und neue Einsichten bringen.
Nicht mal eine Online-Zahlungsfunktion anbietend, weil selbst die, eine stabile Netzfunktion voraussetzt, die nicht vorausgesetzt werden kann, sofern man nicht in Großstädten lebt, habe ich meine Probleme schon mit Zoom-Meetings. Ich empfinde diese als sehr einschränkend. Digitales Zusammenarbeiten und Kommunikation ist mehr als Sprache. Sprache ist mehr als Worte – schon da ist es für die alltägliche Büro-, Forschungs- und Entwicklungsarbeit bremsend und einschränkend, wenn immer nur eine Person aktiv geschaltet ist. Wenn diese dann zum Schutz persönlicher Daten und Informationen im Netz, zusätzlich ohne Kamera arbeitet, verflacht die ganze Sache sehr schnell zu einem Gefühl von Schlangestehen und den Vordermann nur vage von hinten sehend. Oder die Bezugnahme auf den fünften Redner vor mir, obwohl die vier bereits gefolgten Redner ganz andere Themenstränge geöffnet haben. Diese Meetings sind für mich sehr ineffektiv und für ein notwendiges Mindestmaß an Kommunikation gerade ausreichend. Geht es euch da auch so?
Und dann kommt erst das Dahinterliegende, wirklich Wichtige: Ich will es kurz mit den Namen Stephen Porges (Polyvagal_Theorie) und Peter Levine (Trauma und Kommunikation) anklingen lassen. Beide weisen in ihrer Arbeit immer wieder darauf hin, Säugetiere und Menschen sind soziale Wesen, die Kontakt und Austausch in der Gruppe, Gesichtsmimik, Körpersprache, Sprachmodulation und so vieles mehr bei der Verständigung benötigen, um sich gut zu Entwickeln und gut zu Leben. Andernfalls ist eine ungestörte Kommunikation nicht möglich. Soziale Interaktionen, gesprochene Worte, die schon eine ganz einfache Kommunikation einleiten und begleiten, sind die Öffner für gute Interaktionen und ein entspanntes Gespräch. Und das zwischen allen am Gespräch oder Vortrag beteiligten. Eine völlig untergehende Kulturtechnik, wenn man sieht, wie in sozialen Netzwerken (welch unsinniges Wort für das, was da stattfindet) geliked wird.
Für mich gilt diese Online-Unmöglichkeit für das Thema Körperarbeit im Besonderen. Zuwendung, eine direkte Beziehung aufbauen und Anteilnahme sind die Grundvoraussetzung für eine Arbeit an sich selbst und das Zulassen von Veränderung auf diesem Niveau. Das eigene Eingeständnis – da ist was nicht richtig, ich will es gern ändern – dafür braucht es das getragen sein, das respektvolle miteinander, menschliche Größe und den Austausch mit Gleichgesinnten.
Unser aktuell ausgerufenes „Highspeedzeitalter mit KI“ ist sicher wunderbar für alle daran verdienenden Techkonzerne – aber seid ihr nicht auch schon durch die primitiveren Formen der KI, wie Telefoncomputer und minutenlanges Gedudel in schlechter Qualität an diversen Service-Hotlines seit Jahren genervt und vermeidet es, wo es nur geht?
→ „Offline“ ist der neue Luxus – in diesen Worten liegt des Pudels Kern, um es mit Goethes Worten auszudrücken. Man muss ja nicht immer Luxus haben, kann gern auch den neuen Standard – also Digitalangebote – nutzen. Bei mir jedoch gibt es nur Luxus-Angebote natürlicher Intelligenz.
Tom Cruise antwortet im Film Top Gun Maverick auf die Ansage: „Ihre Art wird aussterben.“ – „Mag sein, aber nicht heute.“ In diesem Sinn, freut auf den Artikel der nächsten Woche!
(C) Grit Silke Thieme
In den BODY_Ritual Kursen, die gern mehrfach besucht werden dürfen, wird immer der formelle Ablauf der jeweiligen Übungen erlernt und grob einstudiert. Im BODY_Ritual T’ai Chi Chuan Kurzform-Kurs eben das T’ai Chi. Das Wort Ritual deutet von Anfang an darauf hin, es geht um das Erlernen und dauerhafte Ausüben einer Routine. Mit der Zeit entwickelt sich daraus ein individuelles Ritual, bestenfalls jeden Morgen und Abend – im eigenen Wohlfühlbad, im Garten oder Park.
Die Erfahrung, die alle Teilnehmer zu Beginn machen: Je komplexer die Bewegungen sind, desto unbeherrschbarer erscheint der eigene Körper dem Übenden. Es genügt eben nicht, nur den Bewegungsablauf zu sehen und ihn intellektuell zu verstehen. Du brauchst viel Geduld mit dir und deinem anscheinend nicht gehorchenden Körper, der verspannt scheint, steif in Rotationen wirkt, der Kopf immer voraus – im Denken wie auch in der Kopfhaltung. Das ist die Zeit, in der man sich ungelenk, ungeschickt und sogar lächerlich fühlen kann. Darin besteht die allererste Übung: einzusehen, dass man sich unfähig fühlt und wirklich wieder ganz bei Null anfängt, um „Herr“ der eigenen Hände, Füße, Schultern und des ganzen Körpers in Bewegung, zu werden.
Nach dem Erlernen des grundlegenden Ablaufs der einzelnen Teile der Kurzform, folgt im Selbsttun zwischen den Kursen oder in individuell angesetzten Fragestunden:
Damit sind die Vorbedingungen erledigt, jetzt kann es richtig losgehen. Wobei die „Erledigung“ der Vorbedingungen Jahre dauern kann. Dieses Üben ist wunderbar im Buch „Vom Geist des Übens“ von Bollnow beschrieben, wenn auch heutzutage völlig aus der Zeit und dem Zeitgefühl gefallen. Das ändert aus meiner Sicht gar nichts an der tiefen Notwendigkeit der Kunst des Übens.
Nach dieser Tabula rasa wird es leichter, fließender. Und das von Übungseinheit zu Übungseinheit. Es geht und läuft – bis man merkt: „Oh, da war doch das mit dem nicht die Luft anhalten, sondern mit den Bewegungen den Atem fließen lassen. Puh, schon wieder hängt es.“ Nein, nichts hängt, der Ablauf der Sequenzen „sitzt“. Das ist ein riesen Schritt! Herzlichen Glückwunsch.
Für alle, die jetzt noch freudig sich selbst erforschend und frohen Mutes dabei sind, gibt es hier grob benannt, die mir bekannten Stufen der Ausführungsverfeinerung und Vertiefung des Ablaufs:
I
bisher bewegtest du dich im: groben Jing – das Erlernen der korrekten Figuren, Bewegungsabfolgen und Formen
II
dann folgt das: feine Jing – Verfeinerung der Haltungs- und Bewegungsprinzipien zur Entwicklung elastischer Kraft
III
grobes Qi – Verwandlung von Jing in Qi, wahrnehmen des Strömens der vitalen Lebenskraft Qi
IV
feines Qi – verfeinerte, differenzierte und vertiefte Wahrnehmung, Sammlung und Abgabe des Qi
V
grober Shen – Qi in Shen verwandeln, Einübung der Gedankenstille durch Konzentration auf die Übung
VI
feines Shen – sich versenken in mühelose Gedankenstille und Herzbewusstsein beim Üben
VII
Dao – innere und äußere Welt sind eins, Weisheit und Mitgefühl sind eins – mitten im Jahrmarkt des Lebens
→ Eine Lebensmeditation. Jeden Morgen und jeden Abend für 10-20 Minuten, ganz nach individuellem Zeitgefühl und aktueller Übungsqualität. Ohne Sportgeräte und besonderen Platzbedarf, überall machbar – drinnen wie draußen, bei Sonne und Regen. Viel Vergnügen!
Für Qualitätsupdates komme gern in den Wochenendkurs. Gern jedes Jahr wieder. Lebenslanges vertiefen und Einsinken in sich und tiefen inneren Frieden.
(c) Grit Silke Thieme
Den Faden des Bewegungsexperimets letzter Woche noch einmal aufnehmend, lasst uns über das große Geheimnis dieser und aller weiteren „Übungen“ reden.
Das große Wunder der Wirksamkeit dieser Arbeit hat einen ganz kurzen Namen und ist in der heutigen Welt wirklich rar geworden. Es ist ein physikalischer Faktor, der sich seit Jahrmillionen nicht verändert hat und – wieder jeder Logik – zu einem sehr knappen Faktor geworden ist.
Er hat nichts mit Aktivität zu tun – auch nichts mit reiner Passivität. Es ist die Qualität, die entscheidet, wie wir ZEIT empfinden, wahrnehmen.
Wenn ihr immer zu viel auf der To-Do-Agenda habt, ist immer ein hoher Grundtonus – also eine hohe Anspannung – vorprogrammiert. Für die Bereitstellung dieser (wahrscheinlich zu hohen) Aktivitätsspannung verbraucht unser Körper recht viel Energie, die in dauerhafter Haltearbeit einzelner Gelenke, Muskeln und Faszienbestandteilen verschiedenster Körperbereiche mündet. Doch wir nehmen diese Haltearbeit nicht wirklich wahr, da wir ja glauben, es so zu brauchen und ohne nicht zu schaffen. Das alles mündet dann irgendwann in eingeschränkter Beweglichkeit und den typischerweise folgenden Verspannungen bis hin zu beginnenden Schmerzen.
Das können wir dann das Altern nennen und hinnehmen lernen, uns mit medizinischen Hilfsmitteln weiter im alten Spannungsmodus halten.
Oder uns auf den Weg machen, unseren eigenen Spannungsmustern auf die Schliche zu kommen. Lernen, sie loszulassen und mit der Entspannung zu leben – auch wenn das im ersten Moment unmöglich scheint. Wie soll das zu Tuende denn sonst geschafft werden, wenn ich es nicht tue?
Genau da setzen die Experimente an. Die Lösung – welch tolles Wort an dieser Stelle – liegt im körperlichen loslassen. Sich Zeit geben, in sich hinein zu schmelzen – sich nicht für seine Aufgabenliste anzuspannen.
Wirklich in sich zu spüren, dass ich ständig irgendwen anspanne, um die anstehende Aufgabe zu lösen. Und dass dies die gesamte Körperanspannung nur noch weiter verstärkt. Sowohl bei den Aufgaben der To-Do-Liste als auch in den Bewegungsexperimenten – deine körperlichen Reaktionen sind oftmals die gleichen oder gar die selben! Es sind gut gelernte und eingeschliffene Reaktionsketten, über Jahre kultiviert und verfeinert. Ach wie schön haben es doch die Kinder, so unbeschwert. Ja, stimmt und nein, stimmt nicht. Ein Kind reagiert noch nicht mit den fein ausgearbeiteten Routinen – die erarbeitet es sich erst mit den Jahren. Genau wie Du.
Du kannst lernen, wahrzunehmen, wer alles in dir in sofortiger Anspannung ist, sobald du an das viele zu tun denkst. Und du kannst lernen, die zu erledigende Liste in Frieden bei dir zu haben und zu lernen, nein, die Welt geht nicht unter, wenn nicht alles abgearbeitet ist.
Die Aufgaben warten auf euch, versprochen! Und es klingt wie Zauberei, nach einer Experimentiereinheit ist man voller Elan und Kraft, kann sich der nächsten Aufgabe völlig erfrischt widmen. Ein Denken an die ganze „offene“ Liste würde jedoch wieder zum Systemabsturz durch Überforderung führen. Also, ein Schritt nach dem anderen, mit Pausen zum Regenerieren des Systems.
Pausen. Noch so ein anachronistisches Wort, das an dieser Stelle aber Sinn stiftet. Was ist die Qualität einer Pause? Schnell ein paar Telefonate nebenbei? Noch schnell dies oder das besorgen, ehe die Arbeit weitergeht? Das ist keine Pause für unser Nervensystem, da findet kein Entspannen und erst recht keine neue Energiebereitstellung statt. Wer möchte, kann es mit einem der Bewegungs-Experimente in der Pause versuchen. Am besten vor dem Essen. Da ist euer System dann gut auf Nahrungsaufnahme und Verdauung vorbereitet.
So, und was ist nun das oben angekündigte große Geheimnis des Experiments/der Experimente? Ganz einfach: jede einzelne Übung kann immer wieder getan werden. Beim wiederholen wirst du dasselbe Wohlbehagen plus noch etwas Neues finden. Du wirst als anderer Mensch in das Experiment einsteigen, mit den bereits gemachten Erfahrungen, dein Körper wird mit neuer Tiefe antworten – keine mechanische Wiederholung, es werden frische sensorische Antworten kommen. Jedes Mal wieder.
→ Die Qualität der Zeit während der Übungen könnte man gut mit wohltuendem Müßiggang für sich selbst beschreiben. Es ist kein gedankliches Wegdriften, kein Abwarten, bis die Übungszeit rum ist, um in die vielen noch zu erledigenden To Do’s des Tages zu springen. Es ist ein tiefes Loslassen der unbewussten Anspannungen, eine Erfrischung, die uns wieder klarer denken und bewegen lässt – jenseits unserer eingefahrenen Muster.
(C) Grit Silke Thieme
Heute geht um eines meiner Lieblingsthemen: Laufen – nicht joggen oder eine andere Sportart ist gemeint, nein, einfach die Bewegung auf zwei Beinen durch den Alltag. Jeden Tag wieder, ein Leben lang – falls alles wie vorgesehen abläuft. Ha, auch da ist es schon wieder: ab-läuft.
Die meist gestellten Fragen zu diesem Thema über all meine Berufsjahre hinweg:
Warum aus den Füßen laufen – man läuft doch mit den Füßen? Was hat der Beckenboden damit zu tun? Der soll doch halten, vor allem den Blaseninhalt, wie kann er sich da bewegen? Das wäre doch das Gegenteil von halten, oder?
Die Antwort auf die Fragen wird dieses Mal wieder ein praktisches Experiment für euch. Meine Bewegungsforschungskollektiv-Teilnehmer erhalten hiermit die immer gewünschte, schriftliche Version des Monatsthemas. Das wird es leider nicht jeden Monat geben. Und, liebe BFK-Teilnehmer: Das wäre eine wunderbare Vorbereitung für den ‚Kran‘ der nach 30 Minuten dieser Vorbereitung bis in jedes Rippchen geht. Versprochen.
Vorbereitung: seid barfuß oder in Socken; tragt Kleidung, mit der ihr euch hinlegen könnt; habt einen Platz, wo ihr euch hinlegen könnt.
Dauer: mindestens 10 Minuten, gern auch bis zu einer halben Stunde.
Bitte lauft ein paar Meter und spürt, wie sich euer laufen anfühlt.
Prägt euch diese Wahrnehmung ein.
Achtet besonders auf die Füße, Knie und Becken sowie den Gesamteindruck.
Begib dich in Rückenlage, stelle die Beine an.
Bewege die Füße so nah wie möglich an den Po – es sollte aber bequem für dich sein – also nicht zu nah.
Lande in Ruhe in dieser Lage.
Danach starte mit einem Bein.
Das andere Bein wird später auch genau diesen Ablauf auch durchlaufen.
So es während der Übung unangenehm für das andere Bein wird, starte sofort oben neu mit dem anderen Bein.
Lasse den Fuß breit und weich werden, gib dir Zeit dabei, lass den Fuß fließen.
Du darfst mit den Zehen wackeln, darfst sie strecken, jede einzeln oder als Gruppe(n).
Wenn das Bein eine andere Position will, gib dem nach und bleibe dabei in den Füßen.
Spüre, wie das Gewicht der Wade in den Knöchel sinkt.
Kannst Du wahrnehmen, wie der Knöchel breiter wird?
Wie der Fuß noch mehr Gewicht bekommt? Wie fühlt es sich an?
Wie geht es deinem Oberschenkel in diesem Bein?
Kannst du – vielleicht zum ersten Mal – wahrnehmen, wie sich deine Oberschenkel anfühlen?
Was hat sich bei dir und in dir geändert? Spüre in den ganzen Körper.
Wie geht es deiner Lendenwirbelsäule?
Was tut die Brustwirbelsäule?
Was tun die Schultern?
Schau bitte nochmal nach dem Fuß.
Wie fühlt er sich im Vergleich zum anderen Fuß an?
Welche Unterschiede bemerkst Du?
(Es ist völlig in Ordnung, wenn es für dich keinen Unterschied gibt!)
Stehe langsam auf und achte darauf, sicher zu stehen.
Wie fühlt sich dein Stehen jetzt an?
Wenn Du dich gut organisiert und sicher fühlst, beginne vorsichtig zu laufen.
Wie fühlt sich dein Laufen an?
Was ist passiert?
Je nach deiner Routine mit solchen Experimenten ist von nichts bis Hang-Huhn jede Option möglich.
Jetzt ist das andere Bein dran: Starte bitte oben neu!
→ Zur Auflösung des Experiments: Das zu erwartende, typische Ergebnis wäre: weicherer Gang, mehr Erdung, entspanntere Beinmuskulatur, locker arbeitender Beckenboden (von Schambein bis Steißbein), kraftvollerer Auftritt, mehr Ruhe im Kopf.
So nichts bei dir passiert ist, buche gern einen meiner Kurse und arbeite unter meiner individuellen Anleitung und meinen nichts übersehenden Augen.
© Grit Silke Thieme
Wie kann das sein? Arbeit als Abenteuer? Immer wieder, jede Stunde? Ohne Reise in ferne Länder?
Wir alle wissen: Es gibt keine zwei identischen Menschen. Wir wissen auch: Menschen können ein und dieselbe Situation völlig unterschiedlich erleben und unterschiedliche Befindlichkeiten haben. Klingt für mich nach einem supertollen Ausgangspunkt. Open your mind – die Abenteuerreise beginnt!
Menschen mit ähnlichen Befindlichkeiten und Wünschen haben fast immer einen unterschiedlichen Weg zu diesen Befindlichkeiten und Wünschen. Der Weg, das Erleben, wie dieser Mensch in diese Situation gekommen ist, ist – zumindest in seiner Wahrnehmung und in der Reaktion seines Nervensystems auf die Umweltreize – sehr unterschiedlich. Auch wenn beide dieselbe Situation erlebt haben.
In meiner Arbeit ist es das Wichtigste, genau zu schauen, wie der Wunsch zu Veränderung entstanden ist. Sowohl in der Körper- als auch in der Kopfebene. Um an das vom Kunden gewünschte Ziel zu kommen, muss die gesamte Verkettung, die zum Veränderungswunsch geführt hat, verändert werden. Die Veränderung braucht, um dauerhaft sein zu können, den Zugang zu Kopf- und Körperebene. Und als Letztes, aber nicht zuletzt, den eigenen Willen, sich zu verändern. Klingt nach ganz schönem Abenteuer, oder? Nicht nur für mich als Reiseleiter, sondern besonders für den Reisenden!
In der klassischen traditionellen chinesischen Medizin ist es z.B. bei einer Erkältung wichtig, zu wissen, welche Organe sind betroffen und was überhaupt das Ganze ausgelöst hat. Ist die Nase, die Nasennebenhöhle(n), die Mandeln, Bronchien, Lunge betroffen? Ist die Blase beteiligt? Was macht das Schwitzen? Wer ist alles beteiligt an der Erkältung?
Der nächste Fragenkomplex: Wer hat wodurch begonnen? War es zu kühl? Waren die Füße nass geworden? Hat kalter Wind zu Verkühlung geführt? Wurde zu viel durch den Mund geatmet und damit die Luft nicht in den Nasengängen und Nebenhöhlen genug erwärmt? Wie regieren die Organnachbarn darauf – angestrengt, entspannt oder gar aufgebend?
Aus diesen komplexen und logisch nicht wirklich klar zu erfassenden Eindrücken wird das richtige Heilmittel – und nicht nur ein Symptomunterdrückungs- oder Verlagerungsmittel – zusammengestellt. Das wird für jeden Menschen individuell angefertigt. Es hilft nicht so schnell wie die modernen industriell hergestellten Medikamente. Ist halt oftmals „nur“ Heiltee, der lange getrunken werden muss und währenddessen innere Umstellungsprozesse anschiebt. Dazu gibt es dann noch die zu beachtenden Ratschlägen zu veränderten Verhaltensweisen. Ist nicht für akute Notfälle geeignet, aber gern auch Begleitprogramm nach der ersten Versorgung eines solchen.
→Die oben beispielhaft benannten Fragen sind für mich jedes Mal, wenn ein Kunde zu meiner Tür hereinkommt, die spannenden Fragen. Nicht bezogen auf die Erkältung – sondern auf die jeweiligen Befindlichkeiten und Wünsche meines Kunden. Wo hat es seine Ursache? Wer macht schon wie lange auf Kopf- und Körperebene zu viel, zu wenig oder gar nichts mehr? Auch unter dem Blickwinkel der Polyvagal-Theorie betrachtenswert und aussagekräftig! Für mich ist jede einzelne dieser Einheiten eine faszinierende Abenteuerreise. Danke, dass ihr zu mir kommt!
(C) Grit Silke Thieme
Es gibt den alten Spruch: Wie man steht, so geht man durch die Welt. Und wie es mit alten Sprüchen so ist – es liegt oft viel Wahres drin.
Unsere Füße haben die Aufgabe, unseren Körper durchs Leben zu tragen. Das kann von leichtfüßig bis schlurfend einfach alles für unsere Füße und unseren Körper sein. Es kann Bewegungsfreude bringen oder das Gefühl, ausgebremst zu sein, einfach nicht vorwärtszukommen. Allein in den Füßen – die zuverlässige Basis für unser Stehen und Gehen sind – kann es tausende von Ursachen geben.
Als Einstieg in meine Jahresklassen und die speziellen Fußkurse lasse ich die Teilnehmer immer Fußabdrücke machen. Das geht ganz schnell und einfach mit nackten Füßen, Seidenpuder, farbigem Papier und Haarlack fürs Fixieren der Abdrücke. Dann geht’s zur Auswertung. Da schaut mein Auge und folgend das der Teilnehmer:
Sind alle Zehen zu sehen?
Ist der Abdruck durchgehend zur Ferse?
Wie ist das Fußgewölbe ausgeformt?
Stehen beide Füße gleich auf?
Haben beide Füße die gleiche Kraft?
Wie sind die Füße zueinander ausgerichtet?
Wie sind die Füße zur Umgebung ausgerichtet?
Welche Unterschiede gibt es zwischen rechtem und linkem Fuß?
Ist die Belastung gleichmäßig in beiden Füßen?
Ist die Belastung jedem einzelnen Fuß mehr innen, außen, vorn oder hinten?
Aus den Antworten auf diese Fragen lässt sich, wie beim Fundament eines Hauses ablesen, was in den oberen Etagen zu erwarten ist: Seien es Bewegungsmuster, Kompensationen, Verschleiß und vielleicht sogar schon Schmerzen.
Noch interessanter werden diese Fußabdrücke, wenn man sie jährlich macht und dazwischen gezielt an seinem Körper – nebst den Füßen – arbeitet. Da sind für mich wunderbare Entwicklungen zu sehen, bis hin zu endlich wieder schmerzfrei lächelnden Menschen, die voller Stolz auf ihr Fußabdruckbild schauen.
Nicht zu vergessen: Ja, es ist eine zufällige Momentaufnahme. Warum aber sollte jemand genau in diesem Moment nicht in seinem typischen Muster sein?
→ Wer von euch Lust bekommen hat: Am 22.04.2023 gibt es wieder meinen Tageskurs „Bewegungswerkstatt spezial: Füße als elastischer Energiespeicher„
(C) Grit Silke Thieme
Nachhaltigkeit, Klima retten – diese Worte sind seit Jahren in aller Munde. Und doch geht es der Welt nicht besser, sondern zunehmend schlechter. Mir stellen sich da die Fragen: Was oder wer ist denn die Erde, der es immer schlechter geht? Warum geht es der Welt trotz allen Wissens, allem bisherigen Tun nicht besser? Sind die Daten falsch? Ist die Diagnose falsch? Werden nur Symptome übertüncht?
Meine berufliche Selbstständigkeit begann ich 2008 unter dem Namen „Nachhaltiges Erfolgstraining“. Wenige Jahre später war dieser Name für mich untragbar, das Wort nachhaltig kam aus aller Munde und wurde mit etwas ganz anderem in Verbindung gebracht. Es ging es z.B. um nachhaltigen Konsum mit einem Baumwollbeutel statt Plastiktüte beim Einkaufen. Bei mir um Arbeit an sich selbst, weitab von Konsum, ohne jeglichen Materialeinsatz.
Da fällt mir ein: Hatte man nicht erst überheblich über die zum Einkauf mitgebrachten Beutel der Neubundesbürger gelacht? Oder über das SERO-System (SERO_Sekundärrohstoffe)?
Die Frage: „Wer oder was ist die Welt, die es zu retten gilt?“, findet für mich genau darin die Antwort. Es kommt darauf an, wo du deine Werte platzierst, was du als wertvoll und erhaltenswert erachtest, wie du damit umgehst, wenn andere etwas anders als du tun und leben. Ist es für dich genug, „grün“ zu shoppen und guten Gewissens weiter deinen bisherigen Lifestyle beizubehalten? Oder bist du sogar bereit, dich und deine Einstellung für Dinge, die dir wertvoll sind, zu verändern, dich für neue Perspektiven und Möglichkeiten zu öffnen? Deine eigene Beziehung zur Natur ist der individuelle Ausgangspunkt zur Rettung der Erde und des Klimas.
Braucht es also die Gesetze, Regelungen und Regierungserlasse, um die Welt zu retten? Mir sagte eine amerikanische Kollegin einmal: „Die deutschen haben so viele Regelungen und Vorschriften, weil sie es lieben, diese zu umgehen.“ Recht hat sie. Sobald eine Regelung getroffen ist, startet die Industrie von Regelungs-Umgehungssuchern ihre Mechanismen. Damit wirken die Regelungen nur für die, die sich keinen Berater und keinen Rechtsanwaltsstab für die Regelungsumgehung leisten können und/oder wollen.
Für mich ist das Problematische bei festgelegten Regeln für Nachhaltigkeit: Sie entfaltet sich wie das Leben regional und lokal. Für einen Städter machen andere Dinge sinn als für einen Ländler – von Nahverkehr und Freizeitverhalten über Vorratshaltung und Eigenproduktion von Lebensmitteln bis hin zu alte Fachwerkhäuser zu bewohnen, statt einer Betonstadtwohnung. Die Beispiele könnte ich endlos fortsetzen. Nachhaltigkeit sieht einfach sehr unterschiedlich in ihren gelebten Facetten aus. Am Ende ist es immer der einzelne Mensch, bist du es, der sie leben muss, kann, darf oder will – ganz nach deiner inneren Beziehung zur Natur, zur Erde.
→ Lasst uns alle mitnehmen auf dem Weg der Nachhaltigkeit – jeden Einzelnen auf seine eigene, der Erde zugewandte, Weise. Gern unter von der großen Politik geschaffenen Rahmenbedingungen, mit Spielraum für Regionales und Lokales sowie Mündigkeit und Eigenverantwortung. Es ist die Einstellung jedes einzelnen Menschen – zur Welt, zur Natur, zu sich selbst – die eine Veränderung bewirkt.
(C) Grit Silke Thieme
An was denkst du, wenn du über unseren Körper reden oder denken sollst? An anatomische Bilder aus Biologie- oder Medizinbüchern? Das ist die heutzutage normale, weit verbreitete Darstellung und Auffassung, die wir oft als unsere eigene Einstellung zu diesem Thema übernehmen.
Eine andere, heute leider oft belächelte, Möglichkeit ist die folgende: der ursprüngliche Körper der Yogis. Nicht den des heutigen Yoga, der ist längst mit dem modernen Anatomie-Wissenschaftsdenken verbunden. Der ursprüngliche Yogakörper meint den Energiefluss und die Energiebahnen unseres subtilen Körpers. Das alte Yoga ist ein System aus Wissen und Praxis, mit seiner umfassenden Grundlage in alten philosophischen Schriften – wie z.B. der Bhagavad Gita oder den Upanischaden, um die zwei bekanntesten zu nennen.
Diesem Gedanken folgend können wir Yoga sowohl auf moderne, also eher physisch-sportliche Optimierung unseres Körpers und seiner Gesundheit auslegen, als auch auf die alte, traditionelle Weise. Für einen Kundigen werden dadurch zwei völlig verschiede Qualitäten und Seiens-Stufen eines Menschen entwickelt. Beide sind wertvoll, wenn auch völlig unterschiedlich.
Für mich persönlich ist die Qualität des traditionellen Yoga viel umfassender, menschlicher und tiefen Frieden im eigenen Herzen bringend.
→ Beide Sichtweisen, die wissenschaftliche und die Yoga-philosophische, auf unseren Körper sind richtig. Sie schließen sich nicht aus, ergänzen sich eher. Zielen auf unterschiedliche Ebenen, grobstofflich oder feinstofflich-subtil, ab. Wenn ich die feinstoffliche Ebene nicht ausgebildet und geschult habe, sie nicht wahrnehmen kann und damit keinen Zugang habe, heiß das nicht, dass diese Ebene nicht existiert. Sie existiert nur für mich dann nicht.
(c) Grit Silke Thieme
Diese Woche will ich der berichteten Tanztrainingserfahrung der letzten Woche gleich noch eine anhängen. Es wird sehr speziell und tüllig – aber toll!
Ich hatte mich zu einem Kurs für Körperorganisation beim klassischen Tanz angemeldet – wie immer mit Praxis. Mir kann immer nur die eigene Praxis verdeutlichen, was stimmig ist, welcher Körperpart noch mitmachen muss und welcher eher loslassen sollte. Also, nichts wie rein ins Vergnügen.
Womit ich nicht gerechnet hatte: Tutu-Zwang. Was soll es nützen, so einen doofen Tanz-Tellerrock zu tragen? Der steht an der Hüfte waagerecht ab, das behindert doch, ist ungemütlich und kratzt sicher. Was für für ein Blödsinn. Ich kann nicht mal Spitze anziehen, trage nie Strumpfhosen und dann soll ich so ein Ding tragen? Das werden wir ja noch sehen. Ich mach mich doch nicht zum Affen. Erstens habe ich keins, zweitens dies, drittens das. Ich habe mindestens fünfzig tolle Ausreden in meinem Kopf gehabt. Am Ende des Kurses stand ich, sehr dankbar für die Tutu-Erfahrung, glücklich strahlend im Raum.
Was war passiert? Mit einem Tutu kann man vieles erreichen: Eleganz; optisch noch längere Beine, als Spitzentanzschuhe eh schon machen; Bewegungsfreiheit für die dann besser zu sehende Beinarbeit. Und genau das, wofür dieser Kurs konzipiert war: ein tiefes inneres Verständnis für die Organisation des eigenen Körpers bekommen.
Unser Körper hat ein Achsenskelett, was aus Füßen, Beine, Hüften, Wirbelsäule und Kopf gebildet wird und einen Schultergürtel mit den Armen. Aus Sicht der Körperorganisation sind das zwei verschiedene Systeme, die gut separat angesprochen werden können. Das Achsenskelett ist für die Aufrichtung zuständig, die Schultern und Arme können bei entspannter Aufrichtung einfach auf dem Oberkörper und seinen Rippen ruhen. Haben folglich eher eine sinkende Qualität, hingegen das Achsenskelett eine nach oben strebende Ausrichtung.
Nun haben wir zwei Arme und Schultern, die nur an den Schlüsselbeinen in der Brustmitte knöchern mit dem Achsenskelett verbunden sind, der Hauptteil ist rein muskulär und faszial verbunden. Das gibt die Möglichkeit, sehr viel über eine funktionale – also willentliche – Einflussnahme zu arbeiten oder auch einfach hängen und passieren zu lassen.
Stell dir nun einen ein wenig unter deinem Bauchnabel sitzenden quer in den Raum rausstehenden Rock vor. Wohin mit den Armen ellenbogenabwärts?
Hm, da hilft nur Körperspannung weiter. Und sich im Achsenskelett nicht in die Gelenke zu setzen – wie letzte Woche in #11 beschrieben. Wenn dann noch die Schultergelenke leicht nach hinten sinken dürfen, dabei die Muskulatur zwischen den Schulterblättern zu arbeiten beginnt, bringt das die Arme fast von allein in eine gute und lockere Position über dem Tutu. Ein von mir völlig unerwarteter Effekt, der sich mit etwas Übung und Routine sehr schnell als alltagstauglich herausgestellt hat. Dass diese innere Aktivität gleichzeitig wie von selbst für eine Aufrichtung im Achsenskelett sorgt, gab dem Wort Schultergürtel eine völlig neue Dimension. Ja, es ist deutlich spürbar ein Gürtel. Wenn die rechte Seite, also der rechte Arm nach vorn oder hinten geht – fällt der linke nicht einfach ‚runter‘, er bewegt sich entsprechend dem Gleichgewicht in eine entgegengesetzte Ausgleichsposition.
Ich liebe diese Kursstunden bis heute innig. Da kam so viel Wissen in mich, was schon angelegt war – aber never ever aktiv geschaltet. Unglaublich. Alles so hochkomplex und doch mit Freude, Spaß, viel Lachen und Tutu so einfach zu entdecken!
Eine ähnliche Geschichte kann ich auch über Drehtanztraining mit Sufi-Rock erzählen. Der in diesem Fall lange und weite Rock ändert auch dort für mich alles. Zu Beginn hängt er recht schwer um die Beine, fängt an, mit zunehmendem Tempo zu steigen und wird ein weit in den Raum reichender flacher Teller, in dessen Zentrum ich zur Rotationsachse werde. Gefühle von Zentriertheit und endloser Ruhe stellen sich hier, trotz der schnellen Drehungen, bei mir ein. Ohne Rock habe ich diesen Effekt nicht, bin aber auch keine Meisterin des Drehtanzes. War einfach neugierig genug, es wissen zu wollen.
→ Bleibt neugierig. Alles, was wir denken, entspringt dem, was wir bisher erfahren haben. Versucht Neues, bleibt spielerisch offen. Probiert, bei sich ergebender Gelegenheit, gern ein Tutu an und denkt an diesen Artikel. Vergesst all die Klischees über dieses und jedes (andere Kleidungsstück).
(c) Grit Silke Thieme
„Sitzt nicht in euren Gelenken!“ – Ich gebe diese vor Jahren im Tanztraining zum ersten Mal gehörte Aufforderung an euch weiter. Ich stand damals da und dachte: „Wie bitte? Was soll ich tun?“ Und beobachtete die Umgebung. Scannte, was die Anderen taten. Meine fein geschulten Sinne konnten erspüren und dann sehen, was gemeint war. Meine Kursteilnehmer, die diese Zeilen lesen, wissen sicher schon, was gemeint ist.
Für alle Neulinge: Heute wird es praktisch. Es wird Experiment, welches manchen gelingen wird, anderen ein wenig oder gar nicht. Da hilft nur, sich immer wieder neu darauf einlassen und versuchen! Oder in einen meiner Kurse zu kommen. Vor Ort sehe ich genau, was passiert und kann unterstützend korrigieren. Auf das es gelingt, das nicht mehr in den Gelenken sitzen.
Jeder von euch erfährt dieses Experiment in seinem Körper, der durch die eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungsmöglichkeiten geprägt ist. So kann es sein, dass jemand z.B. schon vom Feuer gelesen hat. Ein anderer hat bereits Feuer gesehen, der Nächste hat selbst Feuer entzündet und wieder ein anderer hat Feuer gemacht und darauf gekocht. Entsprechend dieser Feuer-Erfahrungen, werden die Reaktionen auf das Wort Feuer sehr unterschiedlich sein. Genauso ist es beim folgenden „Sitzt nicht in euren Gelenken-Experiment“.
Nimm dir bitte ungefähr 15 Minuten Zeit für die Praxis. Beim ersten Mal bist du wahrscheinlich viel schneller. Wenn du Wiederholungstäter bist und schon etliche Male solche Experimente gemacht hast, wirst du dich Fragen: „Warum so schnell?“
Jetzt geht es los! Stell dich locker hin. Wie fühlt sich dein Stehen an? Nicht bewerten. Nicht gut oder schlecht. Wie sind deine Füße auf dem Boden? Wie hat der rechte Fuß Kontakt zum Fußboden? Alle Zehen unten? Stehst du mehr auf der Außenseite des Fußes? Mehr vorn? Oder eher hinten? Sind die Zehen lang und entspannt? Ist der Fuß eher fest oder weich? Gib es eine Stelle, die du besonders merkst?
ACHTUNG: Nicht korrigieren oder verändern, nur wahrnehmen, registrieren, wie er steht, der eine Fuß. Gehe dann mit deiner Wahrnehmung zum anderen Fuß. Wie ist es dort? Beginne wieder mit den Fragen von vorn, vergleiche nicht mit dem anderen Fuß. Was machen hier die Zehen? Kannst du alle fünf auf dem Boden spüren? Wo lastet da Gewicht? Mehr vorn? Innen? In der Mitte? Wie ist das Fußgewölbe hier? Nimm dir Zeit und erforsche es in Ruhe. Ziele nicht auf ein Ergebnis, nimm nur deinen Fuß wahr.
Und nun: Du hast zwei Füße, die sich worin unterscheiden? Worin sind sie gleich? Finde es heraus und traue deiner Wahrnehmung! Sie ist immer richtig. Es ist deine Wahrnehmung für deine Füße. Natürlich können deine Augen etwas anderes Sehen und deine Gedanken sich so ihre Erwartungen vorstellen. Das wäre dann aber nicht deine Wahrnehmung, doch genau die brauchen wir hier!
Wenn du jetzt weiter nach oben gehst: Wie fühlen sich deine Waden an? Erforsche sie einzeln, genau wie die Füße. Nimm dazu die Fragen von oben – oder erfinde deine eigenen! Nimm dir Zeit. Für jede Wade.
Frage dich, wie sich der Übergang vom Fuß in die Wade anfühlt. In beiden Beinen. Nimm dir wieder Zeit dafür.
Gehe anschließend zu den Hüften und erforsche diese. Sind sie gestreckt? Beide? Oder ist eine leicht gebeugt? Wie steht jede Seite über dem Fuß? Über der Wade? Was macht dein Popo? Ist er angespannt? Oder eine Seite locker und die andere hält? Finde es heraus. Nimm dir wieder Zeit dafür.
Wenn du das alles in dir wahrgenommen hast – laufe ein paar Schritte. Wie fühlt sich das jetzt an? Wie immer?
Bleibe dann wieder stehen und stell dir vor, zwischen deinen Zehen wären Froschhäute. Diese spannst du gedanklich auf. Es braucht keine Bewegung. Wirklich nicht.
Kannst du wahrnehmen, was da in dir passierte? Wahrscheinlich noch immer passiert? Du sitzt nicht mehr in den Gelenken. Ein Gefühl von Veränderung zu mehr Leichtigkeit in den Beinen und Hüftgelenken kann eingetreten sein. Nimm es genau wahr. Wie fühlt es sich jetzt an? Genieße es.
Wiederhole die Übung gern immer mal wieder. So oft du magst. Es ist ein innerer Prozess, der sich lebenslang weiter entwickelt. Zunahmend inneren Schwung und Elan bringt.
Wenn du keine innere Veränderung gespürt hast, jedoch neugierig geworden bist: Bleib dran, es wird kommen.
→ Allein durch die aktive Wahrnehmung unseres Körpers und die Veränderung der inneren Einstellung, kommt viel Leichtigkeit und Fluss in unsere Bewegungen. Wir müssen uns ’nur‘ darauf einlassen.
(c) Grit Silke Thieme
Wissenschaft kann eine kranke Gesellschaft nicht heilen – diesen Satz habe ich 2015 in einem Pausengespräch des 4. Internationalen Faszienforschungskongress in Washington DC gehört. Er hat mich sehr beeindruckt und beschäftigt mich bis heute. Ist so klar, schlicht und deutlich. Ein Meisterwerk. Mein wichtigstes Mitbringsel von diesem Kongress.
2015 herrschte im Bereich Faszie Goldgräberstimmung, überall war die Faszie in aller Munde. Als Expertin dieses „Materials“ wollte ich genau wissen, was es da so umwerfendes Neues gab. War es eine Modeerscheinung wie Popgymnastik in den 80ern, Zumba in den 90ern? Oder habe ich da wirklich was verpasst? Nichts wie hin, zum Kongress der weltweit besten Forscher.
Vor Ort gab es ein solides, gutes Programm. Es wurde über viele, viele neue Forschungsschwerpunkte im Fachgebiet berichtet, aktuelle Statusberichte und erste praktische Anwendungsmethoden in der Medizin wurden erörtert. OP-Methoden wurden praxisnah vorgestellt, die anatomische Nomenklatur der Faszie dekliniert und festgeschrieben – viel Gewusel, noch mehr wichtige Menschen, ein gut gewählter Kongress-Ort. Für mich genau die richtige Mischung, um weltweite Aufmerksamkeit für das Thema zu erreichen, die über die Fachpresse in jede Universität und medizinische Einrichtung hineinwirkt, in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen die Bevölkerung erreicht, in TV- und Ratgebersendungen ankommt. Das muss man auf die Beine stellen können und wollen. Die Faszie in die Welt bringen, obwohl sie da schon so lange ist, wie es den Menschen gibt. Es war ein Super-Coup, der diesbezüglich voll und ganz gelungen ist!
Was denen, die schon seit Jahrzehnten – um nicht zu sagen Jahrhunderten – mit der Faszie arbeiten auffiel: Alle Forschungsansätze sind sehr um wissenschaftliche Datenanalyse und Brillanz bemüht. Forscher spannen z.B. ein Stück Faszie auf, um dessen elastisches Verhalten zu messen. Finden eine konkrete Zahl für die Faszienelastizität unter dieser konkreten Laborbedingung heraus.
Ja, und? Wohin führt dieses Ergebnis? Zum Nachweis, dass sich Fasziengewebe elastisch verhält? Werden daraus Anwendungen entwickelt, die genau diese Elastizität in einer Faszie eines (jeden) Menschen herstellen können?
Ich verstehe es nicht. Nur, weil ich wissenschaftlich an etwas herangehe, heißt das doch nicht, dass es sich in unserer komplexen Realität genau so verhält und umsetzen lässt. Dieses Erforschen der Welt in kleinsten Details findet heute in vielen, vielen Forschungsgebieten statt. Wir sammeln Wissen über alle möglichen Verhaltensweisen von irgendwas unter bestimmten, wiederholbaren Bedingungen. Mit zunehmenden Datenverarbeitungsmöglichkeiten entstehen immer komplexere wissenschaftliche Modelle, mit mehr Optionen. Aber wohin führen uns diese Optionen?
In meinem o.g. Beispiel führte es zum Bekanntwerden der Faszie. Und ansatzweise dazu, dass deren Beeinflussbarkeit durch Eigen- oder Fremdbehandlungen mehr Aufmerksamkeit erlangte.
Was dabei auf der Strecke bleibt: die nicht in Zahlen erfassbaren Aspekte einer untersuchten Sache, die als lebendiges Element weitere, nicht erfassbare Facetten und Qualitäten hat. Genau wie wir Menschen. Wir sind auch nicht die rationalen Entscheider, als die wir uns oft gern sehen.
→ Eine durch unsere heutigen wissenschaftlichen Möglichkeiten und Methoden abbildbare Welt, ist nicht die reale Welt. Die ist komplexer, bunter, schöner, vielfältiger und vor allem menschlicher. Wenn diese Menschlichkeit durch wissenschaftliche Vorgaben und Nachweise eingeschränkt wird, ist es nicht die Wissenschaft, die uns wieder heilen kann. Lassen wir die Wissenschaft(ler) ihre Erkenntnisse gewinnen. Behalten wir uns vor, unsere eigene Einschätzung zu den Auswirkungen der Forschungsergebnisse in der realen Welt zu haben. Genau das ist Leben.
(C) Grit Silke Thieme
Jede Woche das Gleiche, ich sitze vor meinem Computer und frage mich: Wie über etwas schreiben, was nicht in Kopf und Intellekt passiert – sondern wirklich im Körper? Etwas, mit dem unser Hirn nachdem es passiert ist, eine Weile zu tun haben kann, um zu verstehen, was jetzt mit uns los ist. Alles nur, weil sich Spannungen und Muster der eigenen Körperorganisation binnen einer knappen Stunde gravierend geändert haben? Wie ging das? Was war da los?
Wie kann ich das jenen, die das nicht kennen, es noch nicht erfahren haben, mit Worten verständlich machen? Gar nicht. Punkt. Ich bleibe bei meinen kurzen Geschichten mit Gleichnissen, säe den Samen für erste, neugierige Schritte. Unterhalte die, die es kennen, mit meinen Geschichten als schöne Erinnerungsanker.
Erst gestern, im Jahreskurs Bewegungsforschungskollektiv, sagte eine Teilnehmerin: „Unglaublich, von so paar kleinen Hand- und Armbewegen kommen meine Schultern runter, fällt so viel Spannung von mir ab.“, während sie mit strahlendem Gesicht gechillt durch den Raum schlenderte.
Ganz so schnell und einfach geht es leider nicht. Da gab es vor Jahren schon eine Serie Einzelarbeit. Oft höre ich nach jeder Einheit der Serie die Worte: „Das läuft ja jetzt wieder viel runder und leichter. Aber auch wackliger und schwankend, fast ein wenig wie betrunken.“ Für jene, in der Überschrift erwähnten, zehn Sekunden. Dann hat unser Körper gelernt, mit dem neuen, entspannteren Spannungslevel zurechtzukommen und uns wieder routiniert stehen und gehen zu lassen. Danach ist es nur noch viel beweglicher – die alten Spannungen und Haltemuster haben noch weiter losgelassen. An diese neue Beweglichkeit gewöhnt sich der Körper genauso schnell. Das alte innere Halten ist neuem Bewegungsfluss gewichen.
Nicht wenige Kunden sagen: „Fast ist es so, als müsste ich jetzt nochmal neu laufen lernen.“ Und das mit einer Stimme voller Freude und Elan, die kaum fassen kann, wie das passieren konnte. Und, es geht viel, viel schneller als beim ersten Mal.
Meine Lieblingserklärung für diesen Zustand: Stell dir vor, eine Ampel ist seit Jahren kaputt. Keiner hat es so richtig bemerkt. Sie steht in einer kleinen Nebenstraße, alle kommen auch ohne die Lichtsignale dieser Ampel gut zurecht. In der Zentrale hat auch niemand mehr an die alte Ampel gedacht, Störungsmeldungen kamen, aber es war nie Zeit dafür. Irgendwann hat man es nur noch für einen Fehler in den Dokumenten gehalten und die Ampel aus den Plänen gestrichen.
So ist es in unserem Körper. Tag für Tag falsche Körperhaltungen, zu wenig Bewegung und Überlastung im Körper wirken sich im Nervensystem so aus. Nehmen wir ein Hüftgelenk: Erst beginnt es, ein wenig zu zwicken, dann tut es gelegentlich schon mal weh. Später fängt es an, uns zu nerven, wir fühlen uns eingeschränkt, denken schon über Laufstrecken und deren Abkürzung nach. Worüber wir eher nicht nachdenken: Wann bin ich zuletzt gerannt? Wann habe ich das letzte Mal mein Bein im Hüftgelenk frei schwingen lassen? Wenn die Sensorik diese Bewegungen an Körperstellen nicht mehr verzeichnet, wird unser Nervensystem dort inaktiv. Es wird an dieser Stelle träge, schläft ein, bildet sich zurück. Es sendet dann keine Statussignale mehr in die Steuereinheit – also in die entsprechende Hirnregion. Damit wird der Zugriff auf diese Bewegung willentlich nicht mehr möglich. Wir ‚rosten ein‘, sagt die Umgangssprache.
Oder, wir haben bestimmte Bewegungen als Baby und Kleinkind nie erlenen können oder dürfen. Auch dann ist das in unserem Nervensystem nicht angelegt, ausgeprägt und abrufbar. Jedoch jederzeit unter bestimmten Bedingungen nachlernbar – sofern es eingeübt wird. Ob man noch ein Meister dieser spät erlernten Bewegungen wird, liegt ganz am eigenen Fleiß. Man denke nur an Kinder, die von klein an Surfen, Reiten, Ski fahren lernen. Und an nicht mehr so junge Menschen, die dies erlernen wollen.
→ Unser Nervensystem kann binnen kurzer Zeit (bewusst auflösender Impuls oder Unfall) völlig andere Informationen aus der Peripherie des Körpers erhalten, als es erwartet hatte. Diese komplett unerwarteten Meldungen brauchen einige Sekunden zur Verarbeitung – wir fühlen uns wie betrunken. Die zentrale Steuereinheit bekommt so die Chance aufs „Reset Level“ zu gehen – und wir dürfen Bewegungen völlig neu lernen.
(C) Grit Silke Thieme
Natürlich sind wir keine bewegten Hochhäuser. Aber mit diesem Gleichnis lässt sich ein wunderbarer Blick in unsere innere Organisation werden.
In einem fertig gebauten, bewohnten Hochhaus ist ganz schön was los. Denken wir in groben Kategorien, so braucht es: Wasser, Abwasser, Müllschlucker, Fahrstuhl, Fluchttreppen und -wege, Belüftung, Heizung, Strom, Beleuchtung und Telefonie. Das klingt nach vielen Versorgungsschächten, Leitungen und Technikräumen. Erst muss alles an und ins Haus gebracht werden, dann zu jeder Etage, jeder Wohneinheit, jedem Zimmer, jeder Steckdose, jedem Wasserhahn, jedem Abfluss. Stell dir diesen ganzen Prozess einmal vor. Es scheint fast unglaublich.
Jedes Hochhaus ist eine komplexe, gut durchdachte, Meisterleistung – oder?
Wenn dann alle Bewohner nach getaner Arbeit nachhause kommen, Fahrstuhl fahren, kochen, duschen, baden, Wäsche waschen, Unterhaltungselektronik nutzen, putzen, Müll entsorgen, Licht anhaben – da ist richtig was los im Haus, in allen Leitungen!
Stell dir nun vor, in der Wasserversorgung sind ein paar Leitungsabschnitte nicht korrekt verlegt worden und haben sich aus der Verankerung in der Wand eines Versorgungsschachts gelöst. Durch das Eigengewicht und den inneren Druck sind sie mit der Zeit ein wenig aus ihrer Form geraten. Und das nicht ohne Konsequenzen für den Wasserdruck in der Leitung. Lange Zeit merkt noch kein Bewohner eine Veränderung beim Öffnen eines Wasserhahns. Aber stell dir in Eigenregie vor, was alles möglich ist…
Wie wäre es mit zu wenig Druck: Wasser kommt nicht mehr oben an.
Oder mit zu hohem Druck: Leitungen können platzen und kein Wasser kommt mehr oben an – dafür fließt es in E-Technikräume, der Fahrstuhl fällt aus, die Wände werden nass. Du merkst, es kann ein richtiger Action-Thriller werden.
Lass uns noch einen weiteren Schritt gehen: Hast du noch aus dem Biologie-Buch die Abbildungen zu unseren Organen in Erinnerung? Zu den Adern und Venen? Zu unserem Nervensystem? Unseren Muskeln? Unserem Skelett?
Die schematischen Zeichnungen dazu sahen für mich schon immer wie Versorgungssysteme eines Hochhauses aus. Jedes einzelne Versorgungselement in einer anderen Farbe dargestellt. Das Faszinierende daran: Je mehr es ins Detail geht, umso mehr tun sich immer wieder neue, komplexe und sich gegenseitig beeinflussende Strukturen auf.
Als Beispiel dafür nehmen wir nicht wieder den oben erwähnten Wasserdruck, sondern unseren Blutdruck. Durch was auch immer er aus dem Gleichgewicht geraten sein kann, es hat Auswirkungen auf die Adern und Venen an sich, auf den Stoffwechsel, die Atmung, die Bewegungsfähigkeit und, und, und. Schon wieder könnt ihr euch einen Action-Thriller ausmalen. Müsst es aber nicht.
Zu guter Letzt: Ein Hochhaus ist etwas völlig anderes als du und ich. Wir können uns selbst aktiv zu unseren Ver- und Entsorgungssystemen verhalten. Sie reagieren qualitativ auf unsere Art zu leben, passen sich im Guten wie im Schlechten an. Es liegt in unserer eigenen Verantwortung unseren Bauplan zu kennen und zu verstehen.
→ für ein generelles Verständnis der hochkomplexen, in uns ablaufenden Vorgänge: Stell dir ein in sich gut funktionierendes Hochhaus mit all seinen Bewohnern und ihren vielen, gleichzeitig laufenden Aktivitäten vor. Und vielleicht auch, was all die Bewohner dafür tun können, um lange und komfortabel darin zu wohnen.
(C) Grit Silke Thieme
Unsere Knochen haben viele Funktionen. Sie leben, bauen sich ständig auf und wieder ab, erledigen dabei ihre vielfältigen Jobs. Normalerweise haben wir 206 Knochen, die dem passiven Bewegungsapparat zugeordnet werden. Die Gelenke zwischen den einzelnen Knochen ermöglichen zusammen mit der Skelettmuskulatur unsere Bewegungen. In der klassischen Bewegungslehre werden Muskelfunktionen und -bewegungen in Beziehung zu den Gelenken gedacht und beschrieben. Ein System sowohl zum Verständnis der möglichen Bewegungen als auch zum Suchen der Fehler, wenn das System nicht rund läuft. So weit zur etablierten, gängigen Betrachtungsweise.
Ich möchte deine Aufmerksamkeit auf eine weitere Möglichkeit lenken: Stell dir vor, du machst einen Ausflug. Hast ein Zelt dabei und beginnst, es aufzubauen. Oder eine Strandmuschel, wenn dir der Gedanke mehr gefällt. Du hast ein faltbares Material und ein Gestänge. Bei Zelten sind noch Abspannseile dabei. Mit dem Gestänge stellst du das faltbare Material dreidimensional auf. Mit den Abspannseilen kannst du dafür sorgen, dass es nicht schief steht oder teilweise in sich einsinkt. Recht simpel, oder? Das Material braucht aber deine Aktivität, um zu einem Zelt oder einer Strandmuschel zu werden. Einfach von selbst passiert das nicht.
Wie wäre es, wenn dies auch in unserem Körper so funktioniert? Warum sollte es nicht? Okay, in deinem Körper wäre es ein in Wasser aufgebautes Zelt. Zumindest im Zelt wäre Wasser, außen die Luft ist zum Glück nicht immer Regen. Wenn wir DIE Faszie, wie letzte Woche im No_Blog Artikel #6 beschrieben, als den gefalteten Stoff und die Knochen in dir als Gestänge ansähen – stellt dir das mal im Kopf vor! Und dann spüre dieser Vorstellung einmal tief in dir nach. Was ist passiert? Wie fühlt es sich an, wenn du gut auf deinen Füßen stehend „dein Zelt“ in dir aufbaust?
Dann gehe in deinen Normal-Modus zurück. Wie fühlt es sich jetzt an? Ist das nicht spannend? Hat sich etwas in dir verändert? Was hat sich verändert? Kannst du es in Worte fassen?
Lass uns noch ein Stück weiter gehen. Ich frage dich: „Was braucht ein klassisches Haus?“
Eine tragende Struktur. Architekt und Statiker sorgen dafür. Gerüst und dann das Füllmaterial – so war es früher beim Fachwerkhaus. Bei moderneren Häusern ist Gerüst und Füllmaterial durch z.B. Stahlbeton in einer Struktur zusammengefasst und man braucht mehr Wissen, um diese komplexere Bauweise zu durchschauen. Lasst uns zu den Wolkenkratzern schauen – zu den richtig, richtig hohen. Die haben die Fähigkeit, in sich zu schwingen bereits eingebaut. Nur so können sie den Winden in der Höhe standhalten. Mit innerer Beweglichkeit. Mit beweglich gelagerten Gegengewichten in sich – die mit der komplexen Struktur des Hauses und der Umgebung des Hauses interagieren.
Ihr merkt schon, wo die Reise hingeht? Nächste Woche geht es weiter.
→ Knochen als tragende Statik ist eine Option. Um Knochen als Abstandshalter im System zu sehen, braucht es einen anderen Blickwinkel. Um seine eigenen Knochen als Abstandshalter zu nutzen, braucht es innere Aktivität.
(C) Grit Silke Thieme
Wen interessiert das denn? Die Faszien sind mittlerweile erforscht und bekannt. Bearbeiten kann man Faszienverklebungen mit den Rollen und Kugeln. Zuhause, im Sportstudio, im Yogakurs, in der Reha-Gruppe, beim Physio … überall. Tut weh, soll aber helfen. Oder gibt es da was Neues? Die Faszien wurden ja erst vor 10, 15 Jahren gefunden.
Nein, was Neues gibt es nicht. Eher Altes, Übersehenes, aus dem Fokus und Zusammenhang Geratenes, Vergessenes. In unserer heutigen Zeit kommen Phänomene – wie auch das Thema Faszie eins ist – oft schnell, effizient, ökonomisiert und in großem Maßstab auf den Markt – oder gar nicht. Dabei dreht es sich beim Thema Faszie vordergründig nicht um Markt und Geld, sondern um eine möglichst leichte, entspannte, Funktionsweise unseres Körpers.
Die Faszie gibt es, seitdem wir existieren. Die alten Ägypter, die indischen Yogis, die traditionelle chinesische Heilkunst haben ihr schon immer Bedeutung gegeben. Seit dem 12. Jahrhundert beschäftigen sich europäische Wissenschaftler intensiver mit Anatomie, der wissenschaftlichen Erkenntnis des menschlichen Körpers und anatomischer Lehre. Es begann mit Obduktionen von Verstorbenen. Der Bauplan des Menschen wurde immer klarer offengelegt, erkundet und erforscht. Das gewonnene Wissen ermöglichte das (Weiter-)Entwickeln, Erproben und Verbessern der vorhandenen Therapieformen. Dieser damals begonnene Prozess ist noch heute die Basis der Medizin. Seit jener Zeit explodierte und beschleunigte sich das Wissen, vieles wurde umgebaut, ein hochkomplexer Wolkenkratzerbereich ist auf erneuertem Fundament entstanden.
Bei viel Bautätigkeit gerät manches aus dem Fokus. So sind im „Atlas der Anatomie und Chirurgie“ von J. M. Bourgery und N. H. Jacob aus 19. Jahrhundert noch viele weiß-grau, verschiedenst-schraffierte Strukturen zu sehen. Erst vor dem Schnitt mit dem Skalpell, dann beim Schnitt, im nächsten Bild ihre darunter verborgenen Inhalte freigebend. Moderne Anatomiebücher hingegen zeigen uns meist gleich das Organ, den Muskel ohne die dicke grau-weiße Verpackung.
Aber wieso ist das Verpackungsmaterial verschwunden? Aus den Bildern und unserer Wahrnehmung? Ist es nicht wichtig? So vielfältig wie es gezeichnet wurde? Bei der Menge, die es davon gibt?
Im besten Fall ist dieses Verpackungsmaterial – unser Fasziensystem – ein in sich funktionierendes Zugspannungssystem, wie bei einem Zelt. Mit unseren Körperflüssigkeiten, mindestens 70 % unseres Gewichts, durchflutet, hochsensibel auf Druck, Schwerkraft und Auftrieb reagierend. Viele hundert Taschen und Ausstülpungen besitzend, in denen sich verschiedenste hochkomplexe Bauteile – wie z.B. Organe, Muskeln, Nerven, Blutgefäße, Knochen, Bandscheiben – befinden. Bauteile, die alle von diesem Verpackungsmaterial durchzogen sind. Bis in die letzte Körperzelle.
Dieser Blick auf uns setzt aktive Organsysteme voraus. Die im Sterbeprozess alle nacheinander ihren Dienst quittieren. War und ist vom Fasziensystem bei Obduktionen nur dümpelndes Material zu sehen, spannungslose Masse, die den Blick auf die wesentlichen Inhalte wie Muskeln, Organe und Knochen sowie deren krankhafte Veränderungen, behinderte? Wurde es deshalb so lange vernachlässigt?
Wie auch immer, die Anatomen lernen schnell. Die Wichtigkeit dieses Gewebes ist erkannt. Es gibt seit einigen Jahren die korrekten anatomischen Bezeichnungen für jedes noch so kleine Faszienteilchen im Körper. Es gibt Bücher voller Faszienanatomiefotos, da sind keine Lücken mehr. Die Karte der Faszie liegt ausgebreitet vor uns. Jeder Operateur kennt heute Form und Lage der Faszienanteile der zu operierenden Stelle aufs Genaueste.
Ist das gnug? Reicht es, um einem in veränderlicher Flüssigkeit gelagerten, bewegten und sich in sich bewegenden Zugspannungssystem gerecht zu werden? Einen Einwand habe ich: So wie eine linke Herzkammer allein kein Herz schlagen lässt, so wichtig ist es, die linke Herzkammer als Bestandteil des Herzens zu verstehen. Um dann in die Qualitäten, Amplituden, Tempi von Herzschlägen einzusteigen. Stimmt’s? Bei der Faszie ist es ebenso. Auch wenn Sie etliches größer und allumfassender ist, gleichzeitig Organe verpackt, trennt, verbindet, durchzieht, in Flüssigkeit trägt und nebenbei als Sinnesorgan arbeitet.
→ Es gibt nur >eine< Faszie. Die ist überall im Körper. Ist immer dabei. Bei allem, was wir tun. Verspannt, verklebt, verknorpelt, verknöchert oder durchlässig, integriert, aktiv regulierend, Stoffan- und -abtransport ermöglichend. Mit entsprechenden Konsequenzen für oder gegen >einen< leichten, federnden, entspannten Körper.
(C) Grit Silke Thieme
Wurdet ihr auch schon gefragt: Glaubst du noch an Wissenschaft? Ich persönlich mehrfach, vor allem in der aktuellen Zeit. Wie krass ist das denn: Wissenschaft und daran glauben. Glauben, das ist für mich das Ding mit den Kirchen. Im Mittelalter. Keppler, Galilei, da Vinci, Michelangelo, Newton und noch so viele mehr haben damals begonnen aufzuräumen und viele kluge Köpfe folgten. Pasteur, Koch, Einstein, Heisenberg … wissen wir doch alle, haben wir in der Schule gelernt. Was sie erforschten und wie sie das Herausgefundene bewiesen haben. Haben es mehr oder weniger gut verstanden oder als Naturgesetz hingenommen.
Heute gehört deren Wissen zu den Grundlagen der etablierten Wissenschaften. Mit ihren hohen Standards, Symposien, Kongressen, Veröffentlichungen, ihren Fördermitteln für die weitere Forschung – der komplette etablierte Zirkus.
Wie war es damals, wie haben sich Einstein und Curie beispielsweise einen Namen gemacht, um in diesen Wissenschaftszirkus einzusteigen? Hatten sie das Glück der frühen Geburt? Mussten sich nicht die heute ein- bis festgefahrenen, stark regulierten Wege, entlanghangeln. Sie sind ihren Ideen gefolgt, haben Situationen erschaffen und sich in ihre Ideen und Themen eingegraben, durchgebissen. Wollten es wissen. Ohne zu wissen, ob Sie am Ende als die Rauskommen, die sie durch ihre Arbeit und deren Ergebnisse geworden sind.
Heute ist die Ausgangssituation viel komplexer und die Finanzierung von Forschung ist ein Thema, das eine eigene Wirtschaftsbranche zu sein scheint. Und, öffentliche Fördermittel sind immer auch an Politik und deren Interessen gebunden. Ganz zu schweigen von Markt und Effizienz, 24 Stunden jede Sekunde neue Meldungen/Nachrichten. Experten-Interview-Formate, aufbereitete Grafiken mit den Worten ‚wissenschaftliche Studie`‘ eingeflochten. 24 Stunden, jeden Tag. Ist dies Wissenschaft? Ist das Entertainment? Oder nur gut verkaufte Werbeblöcke an spannenden Stellen der Sendung?
Sollte die Frage nicht lauten: Was ist Wissenschaft? Wie entsteht das, was wir Wissenschaft nennen?
Vieles, was als Wissenschaft und wissenschaftlich bewiesen auf dem Nachrichtenmarkt verkauf wird, ist für mich nur Marktgeschrei oder politischer Wille. Es braucht es den eigenen Kopf, das eigene Urteil. Wissen über Naturgesetze, aktuelle Wissensstandards, große politische Interessenlagen in bestimmten Gebieten und Regionen der Welt und nicht zuletzt: marktunabhängigen Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Vertrauen in die Expertise von Fachspezialisten – keinen Glauben. Unabhängig davon, ob es um Naturwissenschaftliche oder nach wissenschaftlichen Prinzipien arbeitende (Nichtnaturwissenschaftliche) Sachverhalte und Zusammenhänge geht.
Der heutige Goldstandard bezüglich des Wissens ist wissenschaftliches Arbeiten. In allen Wissensbereichen. So definiert jedes Fach, was Arbeiten nach der wissenschaftlichen Herangehensweise/Methode, was wissenschaftliches Arbeiten für diesen Bereich konkret ist. Sind die Erbnisse dieses Arbeitens dann Wissenschaft? Oder schafft es erstmal nur einfach spannendes, neues Wissen? Wissen, das sich bewähren, in natur-/wissenschaftliche Theorien einfügen, in Anwendung bewähren und durchsetzen muss? Für mich ist es genau so. Alles andere sind Hypothesen. Spannende Geschichten. Optionen.
–> Ja, unter diesem Betrachtungswinkel ‚glaube‘ ich an die Wissenschaft – nicht jedoch an das alles, was man mir als Wissenschaft oder wissenschaftlich bewiesen verkaufen will.
(C) Grit Silke Thieme
Kommunikation. Ok, klar, lass uns reden.
Wozu brauchen wir das autonome Nervensystem dabei? Reichen Worte nicht? Warum alles kompliziert machen?
Ganz einfach: Unser Körper quasselt den ganzen Tag, die ganze Nacht, einfach ununterbrochen auf vielen Kanälen. Ganz ohne Worte. Blicke, Gesten, Körperhaltungen, Rhythmen, Präsenz – er verhält sich ständig zu seiner Umgebung, unabhängig von einem Gespräch, von einer anwesenden Person. Er spannt an, entspannt, lässt locker in allen nur denkbaren Varianten und Möglichkeiten.
Diese Spannungsregulation passiert entsprechend unserer gemachten und abgespeicherten Erfahrungen. Bewusst und noch viel mehr unbewusst. Das autonome Nervensystem ist immer dabei, immer wach. Arbeitet still vor sich hin, reguliert unsere komplexen Körperfunktionen, auch wenn wir schlafen.
Typischerweise haben wir im Laufe unseres Lebens bestimmte Muster und Strukturen entwickelt, mit denen wir gut durch unser Leben kommen. Bestimmte Abläufe, bestimmte Speisen, bestimmte Gewohnheiten – die Liste ist lang. Das gibt uns im besten Fall das Gefühl: alles klar, alles normal, alles unter Kontrolle, kenn ich.
Mit der Zeit lernen wir, auch unangenehme Sachen und Dinge mit bestimmten Taktiken gut zu meistern und erarbeiten uns auch da klasse Muster fürs Umschiffen. Puh, geschafft, entspannen. Nix mehr unangenehm, einfach unbewusste Routine und wird erledigt, null Stress.
Genau darin liegt die Krux. Diese Muster werden in unserem Nervensystem zu Autobahnen. Gut und sehr gut ausgebaut, oft und routiniert von uns befahren. Wir lesen keine Straßenschilder mehr und düsen dahin. Auch wenn sich die Gegebenheiten, die Umgebung neben der Autobahn, Tempolimits und Abfahrten ändern. Hat doch immer gut gepasst. Unsere Umgebung und deren ständige Veränderung nehmen wir düsend nicht mehr wahr, sind in Gedanken bei dieser und jener Aufgabe, beim Hörspiel – also irgendwo im Kopf und seinem Kino. Unsere Muster funktionieren immer besser, unsere Reaktionen werden damit immer schneller und auch enger. Ja und? Wo ist das Problem? Ist doch effizient, oder?
Wir sind nicht mehr im wirklichen Kontakt mit uns, mit der Welt und dem Boden unter unseren Füßen. Unser autonomes Nervensystem schon. Unser willentlich-logisches System hat seinen eigenen Plan und seine routinierten Abarbeitungsschleifen entwickelt. Beide arbeiten entkoppelt vor sich hin. Haben ganz schön zu tun, in diesem Zustand die reale Welt für uns zu zusammenzuhalten. Das kostet Kraft, Energie, Anstrengung, doch die bemerken wir selten als solche. Stattdessen reagieren wir mit unserer individuellen Schwachstelle. Wie auch immer ein introvertierter, extrovertierter oder in sich ruhender Mensch auf diese körperlich zunehmende Kraftanstrengung reagiert. Mit Krankheit, Dauerspannung, Dampfablassen, sich Zurückziehen…
Wie wäre es alternativ mit Achtspuriger-Autobahn-Mustervermeidung? Landstraßen sind ok, zweispurige Autobahnen auch. Hier mal acht Spuren, dort vielleicht nur drei. Und gelegentlich ein neuer Trampelpfad? Schon das wäre mehr geistige Wachheit und Offenheit.
Wie wäre es mit Wahrnehmen lernen; was sagt mir mein eigenes Nervensystem in dieser Situation? Warum weiche ich zurück? Was stört mich? Was wäre mir angenehmer? Was ließe mich in dieser Situation körperlich entspannter stehen, sitzen, gehen, liegen? Was bräuchte mein Kopf, um sich wohler zu fühlen?
→ Wenn du die Signale deines autonomen Nervensystems hören lernst, und mit bewussten Entscheidungen in bestimmten Situationen ein „ist angekommen, wir arbeiten dran“-Feedback geben könntest, wäre das nicht viel entspannter? Würde das nicht Stress vermeiden? Was es auf alle Fälle ist: ein Traum für dein Nervensystem. Und, es ist heutzutage ein atypisches Verhalten, welches dein Körper nach etwas Übung mit Tiefenentspannung belohnt.
© Grit Silke Thieme
Oh je, das klingt immer wieder aufs Neue angestrengt: integrierter Körper.
Wenn ich diese beiden Worte zu einem Menschen sage, der das Prozedere der Integration durchlaufen hat, ist die Reaktion eine völlig andere, als bei einem Menschen der es (noch) nicht erlebt hat. Ja, es ist ein vorher unvorstellbares Erlebnis, diesen Prozess zu durchlaufen. Einmal oder mehrere Male, das liegt ganz im eigenen Interesse.
Welche Feinheiten will ich noch erreichen, adressieren, integrieren? Vielleicht sogar Feinheiten, von denen ich vorher gar nichts wusste? Nicht ansatzweise ahnte, dass da etwas nicht ‚mit läuft‘, nicht rund läuft, sich nur von seinen Nachbarn rumtragen lässt, im Dauerurlaub in mir abhängt. Dafür müssen andere in mir Dauerschichten im Halten und Durcharbeiten schieben, fangen an, Befindlichkeiten zu entwickeln, zwicken hier, drücken da, gelegentlich schmerzt es auch schon mal.
Klingt irgendwie komisch, was ich da sage? Oder zaubert es dir ein breites Lächeln und strahlende Augen in dein Gesicht? Wenn du feixt, tief im ganzen Körper ein Grinsen sitzt, dann hast du ihn, den integrierten Körper.
Es ist keine Frage des Intellekts, es ist eine Frage der eigenen körperlichen Organisation. Und, es macht einen großen Unterschied.
Schauen wir uns das an einem Beispiel genauer an:
Eine alte, mechanische Nähmaschine. Man tritt mit den Füßen wippend auf dem Trittbrett, ein über zwei Räder laufender Riemen überträgt die Bewegung auf den Arm der Nähmaschine. Von dort geht die Bewegung in die oben gut sichtbare Nähmechanik für die Nadel. Für den Unterfaden ist die Nähmechanik nicht sichtbar, muss jedoch genauso gut funktionieren und mit der oberen Nähmechanik gut abgestimmt sein. Wenn du gleichbleibend flüssig den Antrieb betätigst, die Fadenspannung gut auf das zu nähende Material abgestimmt ist, die Stichgröße zu Faden und Materialqualität passt, wird ganz einfach eine simple Naht genäht. Wenn von diesen vielen Parametern ein einziger nicht auf die zu erledigende Arbeit abgestimmt ist, kommt es zu Störungen. Natürlich kann auch so die gewünschte Naht entstehen. Vielleicht mit gekräuseltem Stoff – aber das kann man ja per Hand danach rausstreichen. Vielleicht mit vielen Schlingen unter dem Stoff – das kann man Schlinge für Schlinge nachziehen. Vielleicht, vielleicht….
Der kleinen und großen Fehler sind viele möglich, doch alle erfordern Nacharbeit, Zeit, Kraft und Aufwand. Eine rund laufende Nähmaschine braucht all das nicht – nur dein adäquates Wissen zu deren Bedienung, zu Stoffen und Nähgarnen.
Und nach all dem Frage ich: Hast du schonmal einen Baumwollstoff mit Synthetiknähgarn genäht und dann bei Baumwolltemperatur gewaschen? Es kann toll sein, diese nicht sofort offensichtlichen, tiefer liegenden Ebenen zu berücksichtigen. Dann dann kannst du von vornherein auf das sich nach zu heißer Wäsche kräuselnde Synthetikgarn verzichten und Baumwollgarn verwenden.
Das Gleiche gilt für eine mechanische Uhr – nur wenn alle Teile fein abgestimmt miteinander arbeiten, zeigt sie die richtige Zeit an. Und natürlich, wenn meine Uhr jeden Tag 5 Minuten vorgeht, kann ich viele Lösungen dafür haben. Jeden Morgen 5 Minuten zurückdrehen, aller zwei Tage 10 Minuten zurückdrehen, mit den 5 Minuten überall zu früh erscheinen, oder jedes Mal dran denken noch die fünf Minuten zu haben… oder zum Uhrmacher gehen und die ganzen Bypässe einfach sein lassen. Entspannung. Punkt.
Ich gehe nicht noch auf ein klassisches Getriebe und erst Recht nicht auf Autotuning ein – beides wunderbare Beispiele für entspanntes Rundlaufen und effektiven Krafteinsatz. Ihr habt das, was gemeint ist, sicher verstanden.
Der Vorteil eines integrierten Körpers: Er braucht weniger Kraft und hat mehr Energie für anderes zur Verfügung, da er sich so direkt, wie es ihm möglich ist, bewegt. Die körperliche Integration kann man lebenslang verfeinern. Muss es aber nicht.
→ An integrated body is an integratetd body and NOT a thinking brain about what an integrated body is.
Oder: Die, die ihn haben, leben seine Leichtigkeit. Und denken nicht mehr darüber nach.
© Grit Silke Thieme
Es gibt 4 große Kursreihen mit markanten Namen.
Bewegungswerkstatt spezial – BW_spezial
Ein Tag, ein Thema intensiv – thematisch aufeinander aufbauender 4er Block über das Jahr verteilt (auch einzeln buchbar)
als Einstiegsformat für Kursneulinge geeignet;
Wir arbeiten 3 Stunden sensorisch und funktional am Thema. Nach einer Stunde Mittagspause gibt es die Fragestunde: Jeder Teilnehmer stellt seine aufgetauchten Fragen zu Theorie, Praxis oder Übungen – alle hören zu und lernen dabei enorm.
→ fasziale Bewegungspraxis finden und entdecken
BewegungsForschungsKollektiv – BFK
Ein Jahr, eine feste Gruppe, maximal 7 Teilnehmer pro Gruppe –
für die Teilnahme du musst schon Termine mit mir gehabt haben oder einen Auditionstermin vorschalten
– Intensiv-sensorische und ein wenig funktionale Arbeit an Bewegungen und deren Fluss
– Erforschen der vorhandenen Qualität einer Bewegung (z.B. Abrollen des Fußes beim Laufen) und staunen über die deutlich spürbare Änderung am Ende der Einheit
Von Monat zu Monat arbeiten wie uns immer tiefer in den Körper hinein, werden immer feiner.
Der Kurs kann über viele Jahre in Folge gebucht werden – jedes Jahr ist ein neues, individuell tieferes Entwickeln möglich – statt fest zu werden und zuzumachen.
→ dauerhaft in die Tiefe und Leichtigkeit der faszialen Bewegungspraxis einsteigen und dran bleiben
BODY_xxx
Ein intensives Workshopwochenende vor Ort – für nachfolgend eigenes Tun fast nebenbei im Alltag.
Der Fokus liegt auf entspannter Bewegungsqualität in drei Dimensionen:
– klassisch beim Gehen von hier nach dort und dabei
– innerlich für die Organe sowie
– im Nervensystem für situationsangepasstes Atmen, Zunge und Nacken loslassen, angepasst auf eure Baustellen.
→ intensives Einlassen auf den Einklang von Bewegung, Beweglichkeit und Bewegtheit im Körper
Fachweiterbildung_Faszie – FWB_F
Zehn Module umfassende Weiterbildung mit jeweils 2 neuen Modulen pro Jahr
Streckt sich gesamt über 10 Wochenenden, kann durch Auffrischungs- und Nachholer-Tage intensiviert werden
Ihr müsst über Hürden gehen, über euch hinaus wachsen, um Modul 10 zu erreichen.
Es braucht eure aktive Arbeit, eure tägliche Entwicklung an den Modulthemen zwischen den Kurstagen;
für das Heben des Dreiklangs Faszie, autonomes Nervensystem und Präsenz in der Welt auf eine neue Ebene;
für die Entwicklung eines Körperverständnisses auf Basis des 70 % Wasser- und 30% Festbestandteils unseres Körpers.
Mit Bodyreading, erlernen adäquater eigener Körperorganisation, Hands-On Arbeit, Bewegungsexperimenten und Übungen;
→ hebt die Kontaktqualität zu sich selbst und den Kontakt zu anderen auf ein neues Niveau
© Grit Silke Thieme
Gezählt habe ich es nicht, habe aber den Eindruck, folgende drei Fragen sind die Dauerbrenner:
Wann bekomme ich meinen nächsten Termin für eine Einzelsitzung Integrieren Lernen?
Was unterscheidet fasziales Bewegen von Alltagsbewegen?
Bin ich schon weit genug für die Teilnahme an deinen Kursen?
Wenn die letzten Tage eines Jahres kommen, das Kursprogramm ‚Bewegend Lernen‘ für das Kommende frisch vor uns liegt, flutet es Fragen: Welcher Kurs ist der richtige für mich? Bringt mich dieser Kurs weiter? Ist der Kurs mit diesem kombinierbar? Welchen Kurs empfiehlst du mir?
Ein nicht abnehmen wollendes Fragefeuer zu den Kursen. Bis jeder endlich das für sich Passende gefunden hat. Oder die Kursflat ‚Bewegungsfreude Society Membership Program‘ für ein Jahr gebucht hat.
Dann ist es wieder da, das Leuchten, die Vorfreude, die fokussierte Energie auf die Bewegungsforschungskollektive, die intensiven Bewegungswerkstätten, die Body-Wochenendworkshops und vor allem auf die persönliche Entwicklung und das Weiterkommen.
→ Womit starten? Mit einer kurzen Einführung in die Kursreihen. Für eure leichtere Navigation durchs Kursprogramm.
© Grit Silke Thieme
In einem Blog wird regelmäßig geschrieben und auf vielen Kanälen geteilt. Der Leser darf das Gelesene kommentieren.
Hier gibt es regelmäßig was zu lesen – ohne das Teilen und Kommentarfunktion. Damit ist es kein echter Blog, mein No_Blog.
Ab Januar 2023 erscheint jeden Freitag ein neuer Artikel für euch. Nur zum Lesen. Gern lachen. Nachdenken. Umsetzen. Ein Leckerli für die auf meine beiden Bücher wartenden Fans. Mindestens bis zu deren Erscheinen. Oder länger…
→No Blog: Regelmäßige Artikelserie ab Januar 2023. Immer freitags.
© Grit Silke Thieme
B.F.I.T. Bewegungsfreude Institut Thieme
Zum Mittelpunkt 7
99334 Amt Wachsenburg OT Rockhausen
E-Mail: post@silke-thieme.de
Web: www.silke-thieme.de
B.F.I.T. Bewegungsfreude Institut Thieme
Zum Mittelpunkt 7
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E-Mail: post@silke-thieme.de
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